Das Pferd: Einfühlsamer Pädagoge und Partner
Pferde sind die absolut idealen Mitstreiter bei der gezielten Förderung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen mit individuellen Herausforderungen. Und das auf unterschiedlichen Ebenen:
Mentaler Spiegel
Pferde sind sehr sensible, aufmerksame Tiere, welche Emotionen und Stimmungen instinktiv wahrnehmen, unmittelbar auf den Kontakt mit einem Menschen reagieren und dessen mentale Verfassung mit ihrem eigenen Verhalten spiegeln.
Die Interaktion zwischen Kind bzw. Jugendlichem und Pferd, aber auch, wie das Pferd auf sein menschliches Gegenüber reagiert, geben der Reitpädagogin wichtige Signale, wo sie mit der Förderung gezielt ansetzen kann.

Partner auf Augenhöhe
Pferde sind grosse Tiere, die einen respekt- und vertrauensvollen Umgang einfordern. In der Interaktion mit einem Pferd heisst es, Ängste zu überwinden, eine Beziehung zu knüpfen, Vertrauen aufzubauen, Verantwortung zu übernehmen und nonverbal zu kommunizieren.

Tierischer Physiotherapeut
Die gleichmässigen, rhythmischen Bewegungen des Pferdes übertragen sich auf den Körper des reitenden Kindes bzw. Jugendlichen, stimulieren dessen Muskeln und Gelenke und stärken damit den Gleichgewichtssinn.

Pferde mit besonderen Qualitäten und Eigenschaften
Nicht jedes Pferd eignet sich als «tierischer Coach» für die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit ihren unterschiedlichen Defiziten. Die Anforderungen sind mannigfaltig:
Es braucht einen robusten Charakter sowie eine grosse auch physische Toleranz, um auf jede noch so hektische Situation sanftmütig zu reagieren und selbst ungelenke Bewegungen oder Manipulationen geduldig auszuhalten.
Ein Pferd muss grundsätzlich zu einer «abgestimmten Kommunikation» mit der Reitpädagogin fähig sein, um nach einer fundierten Ausbildung auf Stimmkommandos und nonverbale Impulse verlässlich und treu zu reagieren.
Besonders hohe Anforderung muss ein Pferd in der Rolle als begleitendes Handpferd erfüllen. Arme schwenken, Turnübungen, Singen und selbst eine Schieflage, ein unbeabsichtigtes Kneifen oder ängstliches Klammern des reitenden Kindes dürfen es nicht aus der Ruhe bringen.
Erst die Zuverlässigkeit der für den Binder Hof sorgfältig ausgewählten und aufwändig ausgebildeten Pferde macht es möglich, in der Kombination Reitpädagogin mit «Sattelpferd» und Kind bzw. Jugendlicher auf «Handpferd» ins Gelände auszureiten.
Ausbildung
Aufwändige ganzheitliche Ausbildung
Die Ausbildung eines jungen Pferdes zu einem Sattelpferd und anschliessend zu einem Handpferd, ist ein sehr langer Weg. Dieser ist erst abgeschlossen, wenn ein Pferd seine beiden Rollen verinnerlicht und seine Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hat. Diese Ausbildung dauert zwischen vier und sechs Jahren.
Die gesamtheitliche Ausbildung unserer Warmblüter ist somit weitaus zeit- und kostenintensiver als jene von Kleinpferden, wie sie im Heilpädagogischen Reiten normalerweise zum Einsatz kommen.
Ziel der Ausbildung ist es, dass die Pferde als Partner verlässlich «funktionieren» und sich die Reitpädagogin voll auf die anspruchsvolle Arbeit mit dem jugendlichen Schützling konzentrieren kann. Der Hauptfokus der Ausbildung liegt deshalb auf Gehorsam, Aufmerksamkeit, Sensibilisierung und absolutem Vertrauen zur Reitpädagogin.

Aufzucht
Die sorgfältig selektionierten Fohlen verbringen ihre ersten vier Jahre als Jungpferde in der Herde auf der Weide. Dort beginnt mit einer guten Kinderstube das, was später Früchte tragen wird: Der Kontakt zu Artgenossen, die gegenseitige Akzeptanz, der Kontakt zum Menschen, die Wahrnehmung der Umgebung, das Vertrautwerden mit Umwelteinflüssen und vieles mehr.





Erste Stufe: Ausbildung zum Sattelpferd
Jedes Pferd wird auf dem Binder Hof in einem ersten Schritt zum Sattelpferd ausgebildet. Dafür durchläuft es eine normale Ausbildung als Reit- und Sportpferd.
Dabei lernt es einerseits – einem Blindenhund ähnlich – aufs Wort zu gehorchen und mündliche Kommandos unmittelbar zu befolgen.
Andererseits muss es auch lernen, mit dem Menschen auf seinem Rücken auf physischer Ebene zu harmonieren und zu kommunizieren, so dass es später einhändig und vor allem lediglich mit Gewichtsverlagerung und Schenkeleinwirkung geritten werden kann.
Hat sich das Pferd als Sattelpferd bewährt, kann es zum Handpferd ausgebildet werden:

Zweite Stufe: Ausbildung zum Handpferd
Ziel
Das Handpferd muss mit dem Kind bzw. Jugendlichen auf seinem Rücken in der Nebenspur und auf gleicher Höhe mit dem Sattelpferd gehen. Es gibt kein Ausweichen, Zurückbleiben oder Davonpreschen. Sollte es zu einer Verunsicherung oder Angstattacke kommen, muss es sich sofort an das Sattelpferd anlehnen können, das ihm die nötige Sicherheit gibt.

Herausforderung
Der Wechsel vom Sattelpferd zum Handpferd verlangt von einem Pferd eine sehr grosse Umstellung.
Es muss nun lernen, nur am Strick geführt, auf die bereits unter dem Reiter gelernten Kommandos zu reagieren; ganz ohne jegliche Zügelführung, Gewichtsverlagerung oder Schenkeleinwirkung durch die Reitpädagogin. Die beruhigende, aber bestimmte Stimme der Reitpädagogin sowie das erfahrene Sattelpferd an seiner Seite, geben ihm dabei die nötige Sicherheit.




Vorgehen
In einem ersten Schritt wird auf dem Sandplatz geübt, an der Longe und in an der Hand in der Formation mit einem erfahrenen Sattelpferd.
Schon bald geht es aber ins Gelände. Im Wald und auf Feldwesen lernt das auszubildende Pferd, von der Reitpädagogin auf dem Sattelpferd am Strick geführt zu werden und sich auf das Sattelpferd neben ihm zu konzentrieren.
Diese Ausbildungsformation wird von einer zweiten Reitpädagogin begleitet, welche – wenn nötig – mittels Touchiergerte unterstützend korrigieren kann.

«Immunisierung»
Das Pferd muss nun lernen, alle möglichen Berührungen und ungewohnten Manipulationen im Stall, aber auch die mitunter hektischen Aktivitäten auf seinem Rücken stoisch hinzunehmen.
Es muss vom Kind bzw. Jugendlichen vor und nach dem Reiten überall berührt werden können, muss unkontrollierte Bewegungen, ungelenkes Putzen und Streicheln, Stillstehen an der Treppe, Zerren am Sattel beim Aufsitzen und vieles mehr geduldig zulassen.
Das Pferd darf sich erst recht auf dem Ausritt nicht irritieren lassen, wenn auf seinem Rücken Arme geschwenkt werden, geturnt und gesungen wird, ein junger Reiter einmal in Schieflage gerät, sich dabei an seine Mähne klammert oder ins Fell kneift.
Hinzu kommen im Gelände die vielen externen Einflüsse. So dürfen auch die mannigfaltigen optischen Reize und spontanen Begegnungen mit Spaziergängern und Tieren nicht aus der Ruhe bringen.





Unsere Pferde
Unterschiedliche Charaktere und Stärken
Zwar haben alle unsere Pferde die gleiche umfassende Ausbildung durchlaufen und können sowohl als Sattel- wie auch als Handpferd eingesetzt werden. Trotzdem ist naturgemäss jedes Tier eine eigene Persönlichkeit, hat einen eigenen Charakter, sein eigenes Temperament und verfügt über individuelle Stärken.

Eine Herde individueller Problemlöser
Die grosse Anzahl an Grosspferden ist eine Besonderheit und Qualität unseres Binder Konzepts. Denn erst die sich daraus ergebende breite Auswahl macht es möglich, situativ immer das am besten geeignete Pferd für die jeweilige Problemstellung und spezifische Aufgabe einsetzen zu können:
So bedarf es für ein Kind mit aggressivem Verhalten zum Beispiel am Anfang eines «robusten» Pferdes, das sich auch bei unkonventionellen Bewegungen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Für ein zurückhaltendes scheues Kind eignet sich hingegen ein «sanfter» Vierbeiner besser.
Die tägliche Auswahl der Pferde für die Fördermodule verlangt von der Reitpädagogin grosses Gespür und Einfühlungsvermögen. Die Kombination Kind/Pferd muss optimal passen; insbesondere gilt es, die jeweilige Tagesform von Reiter und Pferd richtig einzuschätzen.

Abwechslung macht gute Laune
Die konzentrierte Arbeit mit Kindern und Jugendlichen fordert auch die Pferde. Umso wichtiger ist es, die Motivation für die Einsätze mit einem abwechslungsreichen Alltag und alternativen Beschäftigungen hochzuhalten.
So sind die Pferde «in ihrer Freizeit» oft draussen auf der Weide und erholen sich – artgerecht – in der Herde, mit viel Auslauf, von ihren Aufgaben.
Eine willkommene Abwechslung für Pferde und Reitpädagoginnen bieten auch die gemeinsame Arbeit an der Doppellonge über tiefliegende Stangen (Cavalletti) und kleine Hindernisse, leichte Dressuraufgaben sowie die Teilnahme an Gelände- oder Springprüfungen.
Alle vier bis sechs Wochen werden die Pferde auf dem Binder Hof vom Hufschmied frisch beschlagen.




Einzelportraits

Steckbrief
Name | Bionda du Page |
Geboren | 26.03.2011 |
Geschlecht | Stute |
Farbe | Braun |
Rasse | Selle Français |
Risthöhe | 164 cm |

Die bildhübsche Bionda wurde in Frankreich geboren, wo sie auch als Premium-Fohlen gekürt wurde. Mit ihrer gleichaltrigen Gefährtin Brigitte Grand Champ durchlief sie das gleiche Jugend- und Ausbildungsprogramm.
Bionda ist eine der beiden Leitstuten auf dem Binder Hof.
Sie hat einen starken Charakter. Doch hinter ihrem selbstbewussten Auftreten steckt ein warmes Herz: Sie ist ein ausgesprochen fürsorgliches Pferd, das auf die Kinder aufpasst und geduldig warten kann, wenn eines einmal etwas mehr Zeit benötigt.
Bionda verlangt einen ausbalancierten Reiter, der mit ihr im Einklang bleibt. Aus diesem Grund ist sie bei unseren Ausflügen in die Natur immer in der Funktion des Sattelpferdes, das im Gespann der Chef ist, Ruhe ausstrahlt und Halt gibt.



Steckbrief
Name | Brigitte Grand Champ |
Geboren | 02.04.2011 |
Geschlecht | Stute |
Farbe | Fuchs |
Rasse | Selle Français |
Risthöhe | 166 cm |

Brigitte kam kurz nach der Geburt auf den Binder Hof und verbrachte hier gemeinsam mit Bionda ihre Zeit als junges Fohlen. Nachdem Sie angeritten worden war, durchlief Brigitte zusammen mit Bionda in Frankreich die wichtige und fundierte Ausbildung zum Reit- und Sportpferd.
Sie ist eine feine, genügsame und pflegeleichte Stute, die sich unkompliziert in die Herde einfügt.
Auf dem Ausritt ist Brigitte mit zügigem Schritt unterwegs, aber drängt sich nie vor. Sie bevorzugt die Rolle des Begleitpferdes, auf dessen Rücken sich ein Kind, bequem wie in einem Fauteuil, rundum wohl und sicher fühlen darf.




Steckbrief
Name | Cool Mc Cool |
Geboren | 13.05.2013 |
Geschlecht | Wallach |
Farbe | Schwarzbraun |
Rasse | Hollsteiner Warmblut |
Risthöhe | 161 cm |

Cool ist ein hübscher Wallach mit feingliedrigem Körper, elegantem Auftreten und einem etwas eigenwilligen Kopf. Er sähe sich selbst gerne in einer Führungsposition, ist vom Wesen her dann aber doch eher zartbesaitet und etwas anlehnungsbedürftig.
Cool wird zurzeit als verlässliches Sattelpferd eingesetzt. Er kam 2023 gut ausgebildet auf den Binder Hof und befindet sich nun in der Weiterbildung, um auf seinem Rücken dereinst auch gänzlich ungestüme Kinder und nicht ganz so starke Reiter, in jeder Situation souverän und stoisch wegzustecken.

Steckbrief
Name | Altrido Hermy's le Cornet |
Geboren | 31.05.2016 |
Geschlecht | Wallach |
Farbe | Schimmel |
Rasse | New Forest Pony |
Risthöhe | 149 cm |

Cornet ist als Endmass-Pony in der Herde unter Grosspferden eine Besonderheit. Er ist neugierig und lotet im sozialen Gefüge auf der Koppel gerne auch einmal die Grenzen aus. Trotzdem ist er kein typisches Pony mit den für diese Spezies üblichen Marotten.
Cornet ist schlicht ein aufgeweckter, liebenswürdiger Lausbub, der 2023 der Binder Hof kam. Wir schätzen ihn als grundehrlichen Kumpel, der zu seinen kleinen Reitern Sorge trägt und sie auf allen Wegen, durch dick und dünn begleitet.


Steckbrief
Name | Guignole du Page |
Geboren | 14.05.2016 |
Geschlecht | Wallach |
Farbe | Braun |
Rasse | Selle Français |
Risthöhe | 176 cm |

Unser junger Guignole ist mitten in der Ausbildung. Er ist der liebenswerte Tagträumer, der noch viel lernen muss.
Aktuell wird er ausschliesslich als Sattelpferd eingesetzt. Aber ganz viele Kinder warten sehnlichst darauf, dass der allseits beliebte Guignole seine Lehrzeit abgeschlossen hat und endlich geritten werden darf.

Steckbrief
Name | Kendra III CH |
Geboren | 22.04.2008 |
Geschlecht | Stute |
Farbe | Braun |
Rasse | Schweizer Warmblut |
Risthöhe | 160 cm |

Kendra kam als halbjähriges Fohlen auf den Binder Hof und hat die ganze Ausbildung hier durchlaufen.
Sie ist eine Leitstute mit starkem Charakter und die unbestrittene Chefin der Herde.
Kendra hat ein grosses, fürsorgliches Herz. Sie behält stets den Überblick, wartet geduldig, wenn es nötig ist und hat mit Mutterinstinkt immer ein wachsames Auge auf die Sicherheit der Kinder.
Mit ihrem grazil-federnden Gang ist das Reiten auf Kendra ein Genuss.



Steckbrief
Name | Maximo Grand Champ |
Geboren | 24.04.2000 |
Geschlecht | Wallach |
Farbe | Fuchs |
Rasse | Selle Français |
Risthöhe | 165 cm |

Maximo kam mit sechs Jahren auf den Binder Hof. Er ist der altersmilde Senior, der sich genügsam in die Herde einordnet.
Trotz seines Alters hat sich Maximo seine Neugier und seinen jugendlichen Schalk erhalten. Bei der Pflege kann er sich schon mal etwas theatralisch als Sensibelchen gebärden, z. B. wenn man ihm mit einer etwas härteren Bürste das Fell striegeln möchte.
Er achtet stark auf den Reiter auf seinem Rücken und spiegelt ihn. So lässt sich der wendige, leichtfüssige Maximo von einem versierten Reiter auch mühelos ohne Zügel, rein durch Gewichtsverlagerung lenken.
Dank seinem weichen Gang wird der Sattel auf ihm zum Fauteuil.

Steckbrief
Name | Panou du Page |
Geboren | 26.04.2003 |
Geschlecht | Wallach |
Farbe | Schimmel |
Rasse | Selle Français |
Risthöhe | 165 cm |

Panou ist unsere gute Seele, ein treuer Freund, der Aufmerksamkeit einfordert, aber einem dafür blindes Vertrauen schenkt.
Er ist nicht unbedingt ein Pferd mit weichem Gang; bei einem Gefährt würde man sagen, er habe eine Sportfederung.
Dafür ist Panou sehr sozial, geduldig, lässt alles mit sich machen und ist für die Kinder auf dem Hof stets zu Kalbereien bereit. Gleichwohl passt er immer auf seine jungen Reiter auf, insbesondere, wenn sie über wenig Kraft verfügen.




